Ein Augenblick der Einkehr in dieser Phase der hektischen Vorbereitungen für die Festtage und dann den Ball. Gestern haben wir uns von Margarete Healy verabschiedet, nachdem sie am 26. November 2017 verstorben ist. Das Bild zeigt sie rechts neben Nobelpreisträger Eric Kandel und seiner Frau Denise am Wissenschaftsball 2016. Gretel war wahrscheinlich der bislang älteste Ballgast, wurde sie doch am 8. März 1923 in Wien geboren. An diesem Ballabend war sie so nervös wie eine junge Debütantin. Und das war sie auch, nämlich eine Debütantin, war sie doch 1938 aus Wien verjagt worden. Die Nazis beraubten sie ihrer Familie und ihrer Zukunft – und der Möglichkeit einen Ball zu eröffnen, wie sie einmal lapidar festhielt. Ihr Besuch des Wissenschaftsballs am 30. Jänner 2016 war also mehr als eine wunderbare Ballnacht, die sie mit ihrem Partner Josef sehr genoß. Es war eine Art von Heimkehr. Am Tag darauf schrieb sie mir in einem E-Mail: „I must congratulate you for orchestrating this event so efficiently and professionally. It shall remain in my memory for the rest of the few years I probably still have on this earth.“ Wir, das Organisationsteam, sind sehr froh und stolz, dass wir Gretel dieses Erlebnis ermöglichen konnten.
Nachdem Gretel den Großteil ihres Lebens in den USA beziehungsweise im Dienste des Außenministeriums im Ausland verbracht hatte, kehrte sie 2002 mit der Absicht nach Österreich zurück, jene Kultur zu erleben, die sie als junge Frau so genossen hatte. Eines ihrer Ziele war es bestimmte Tänze zu lernen. Anläßlich des Festes zu ihrem 90. Geburtstag erlernte sie den ungarischen Csárdás, den sie zum ebenso fassunglosen wie begeisterten Erstaunen ihrer Gäste gemeinsam mit Josef und unterstützt von einer Banda zum Besten gab. Für ihren 95. Geburtstag hatte Gretel beschlossen, sich etwas zurück zu nehmen, und Tango zu lernen. Es war ihr nicht vergönnt. Lasst uns annehmen, dass Gretel auf ihrer Wolke am Abend des nächsten Balls am 27. Jänner 2018 einen Tango tanzen wird.
Oliver Lehmann
Mehr über Margarete Healy findet sich in diesem wunderschönen Porträt von Astrid Kuffner mit eindrucksvollen Fotos von Nini Tschavoll auf dem Blog Madame Wien.