Alle Beiträge von katharina kropshofer

Eva Horn

„Unsere Welt ändert sich rasant. Die Wissenschaften treiben diese Änderungen mit voran, aber sie müssen sich dabei auch selbst wandeln, vielleicht sogar völlig neu erfinden. Viel zu oft haben wir heute eine Kultur der festgefügten Fächergrenzen oder kleinen Spezialgebiete, nach dem Motto: ‚Was die andern machen, interessiert mich nicht.‘ Mit den Herausforderungen einer Welt, die sich ökologisch, technologisch und sozial so schnell wandelt wie nie zuvor, muss sich auch das Wissen neu organisieren. Im Anthropozän brauchen wir eine neue Einheit des Wissens. Dringend nötig ist dafür ein Gespräch jenseits der Fächer. Denn uns Wissenschaftler verbindet doch ein gemeinsamer Wille zum Wissen, eine Intellektualität, die wissen will, was die Welt im Innersten zusammenhält – und was sie vorantreibt. Wichtiger als unter Experten Forschungsergebnisse auszutauschen, ist es, sich über den Zaun der Disziplinen gegenseitig Fragen und Ideen zuzuwerfen. Was wäre dafür besser geeignet als ein Wissenschaftsball? Das ist nicht nur ein Fest der Wissenschaften, der Neugierde und des Geistes, sondern auch eine wunderbare Gelegenheit, die Fächer zum Tanzen zu bringen. Denn beim Champagner kommt man viel eher zu einander als im oft bemühten ‚interdisziplinären Dialog‘.“

Unsere elfte Ballbotschaft kommt von Eva Horn, Buchautorin und Germanistin an der Universität Wien. Im Sommersemester 2019 ist sie Research Fellow am renommierten Rachel Carson Center in München. Neben ihrer kulturhistorischen Arbeit an Büchern wie ‚Zukunft als Katastrophe‘ (Frankfurt/Main: Fischer 2014) ist sie Sprecherin und Mitgründerin des Anthropocene Network der Universität Wien. Dort beschäftigt sie sich gemeinsam mit dem Sedimentologen Michael Wagreich und anderen Kollegen mit den Auswirkungen der menschlichen Zivilisation auf die Umwelt des Planeten Erde. 
Foto: (c) Helmut Grünbichler

Katherine Sarikakis

© Universität Wien/Barbara Mair

„Plato sagte, dass Tanzen und Rhythmus ihren Weg zur Seele des Menschen finden. Die Wissenschaft möge Schwierigkeiten mit der Bezeichnung ‚Seele‘ haben, dennoch können wir übereinstimmend feststellen, dass Tanzen und Rhythmus auch für WissenschaftlerInnen geeignet ist. Der Ball der Wissenschaften ist eine wundervolle Möglichkeit uns WissenschaftlerInnen zusammen zu bringen, mit ’nerdy jokes‘, ‚ranking arguments‘, und interdisziplinärem Walzer durch den Festsaal, solange es quantitativ möglich ist, mit so viel Freude es qualitativ umsetzbar ist, und mit der gleichen Aufregung wie bei der ersten namentlichen Publikation.“

Professorin Katharine Sarikakis ist Direktorin und Gründerin des Media Governance and Industries Research Lab am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien. Erforscht werden dort Prozesse  und Hindernisse für Kommunikation und Medien bezüglich Demokratie, Menschenrechte und Staatsangehörigkeiten. Unsere zehnte Ballbotschafterin ist außerdem Senior Visiting Fellow an der renommierten London School of Economics and Political Science.

Foto: © Universität Wien/Barbara Mair

Michael Köhlmeier

(c) Hassiepen

„Wir können uns eine fröhliche Wissenschaft denken! Und es soll uns leichter fallen, an einen Gott zu glauben, der zu tanzen versteht – Nietzsche rät sogar, nur an einen solchen zu glauben. Auch wenn dieser wunderbare Ball gegründet worden ist, um ein politisches Zeichen zu setzen, wäre es doch schön, an diesem Abend nicht über Politik zu sprechen – außer, wenn die Politik wie die Wissenschaft eine fröhliche ist.“

Der neunte Ballbotschafter, Michael Köhlmeier, ist einer der renommiertesten österreichischen Schriftsteller der Gegenwart. Neben seinen Studien der Politikwissenschaften und der Germanistik in Marburg, widmete er sich in einem Zweitstudium in Gießen auch der Mathematik. Bemerken kann man seine Zuneigung für dieses Fach etwa in seinem Werk  „Abendland“(Hanser, 2007), in dem er sich auf den Innsbrucker Mathematiker Leopold Vietoris bezieht. Mehrfachen Auszeichnungen für seine Literatur folgte 2016 auch das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse – eine angemessene Würdigung für den Reisenden zwischen den Welten von Wissenschaft und Kunst.

Foto: (c) Hassiepen

Andrea Grill

„Tanzen kann auch, wer nicht tanzen kann. Analog dazu ist es möglich, etwas zu verstehen und gleichzeitig nicht zu verstehen – denken Sie an die Evolution des menschlichen Gehirns, während Sie selber eins benutzen. In diesem Paradox begegnen sich Tanz und wissenschaftliches Denken. Sich zwischen wissen und nicht-wissen zu bewegen, ist der Alltag einer Wissenschaftlerin. Aus dieser Bewegung entspringt für mich die Freude an der Forschung und auch ihre Kraft. Probieren Sie es aus, in einem Laboratorium und auf dem Parkett des Ballsaals.“

Unsere achte Ballbotschafterin, Andrea Grill, ist Schriftstellerin und Evolutionsbiologin. Sie lehrt an den Universitäten Wien und Salzburg und erforscht unter anderem, wie anthropogene Veränderungen der Landschaft das Verhalten von Schmetterlingen beeinflussen. Ihr Buch “Schmetterlinge” macht das Fachwissen um diese Tiere einem breiten Publikum zugänglich und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Für ihre Romane erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Demnächst erscheint im Wiener Luftschacht Verlag ihr erstes Kinderbuch, das vom Leben einer fleischfressenden Pflanze erzählt.

Foto (c): privat / Paul Zsolnay Verlag

Julia Ebner

(c) Daniel Novotny

Im Zeitalter von viralen Falschmeldungen und Verschwörungstheorien im Netz kommt der Wissenschaft eine völlig neuartige Rolle zu, um eine Rückkehr vom Logos zum Mythos zu verhindern. Wien forscht gut, Wien tanzt gerne – der Wiener Ball der Wissenschaften kombiniert diese beiden Stärken und zeigt, wie viel Spaß es machen kann, Wissen zu schaffen anstatt Unwissen zu erzeugen und komplexe Zusammenhänge zu verstehen anstatt sich mit vereinfachten Darstellungen zufrieden zu geben.“

Julia Ebner ist eine österreichische Extremismus- und Terrorismusforscherin und Research Fellow am Londoner Institute for Strategic Dialogue. In ihrem Buch „Wut. Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns machen“ beschäftigte sie sich mit Zielen, Strategien und Beweggründen von Extremisten. Für die Recherche suchte sie das Gespräch mit ihnen und entwickelte in geheimen Chats Undercover-Identitäten als IS-Sympathisantin und Ultranationalistin.

Foto (c) Daniel Novotny

Herbert Edelsbrunner

 

(c) Paul Pölleritzer

„Viele kluge Dinge sind über die Verbindung zwischen Mathematik und Musik geschrieben worden, also werde ich diesen Text persönlich halten. Dass Musik mathematische Züge aufweist, ist vielfach belegt worden, dass aber Mathematik auch musikalische Aspekte zeigt ist genauso wichtig. Aus unerfindlichen Gründen ist der Weg zum praktizierender Mathematiker lang und steinig, also verfolgen ihn nur die wenigsten. Die meisten erfahren nie, wie viel Ästhetik die Mathematik ausstrahlt. Ähnlich wie in der Musik ist diese Schönheit manchmal berauschend und manchmal voll von Dissonanzen. Tatsächlich fragt sich vielleicht mancher, wieso die beiden Disziplinen nicht eins sind und wieso noch keine direkte Abbildung entdeckt wurde, eine Abbildung zwischen den beiden Gebieten die unabhängig von Gefühlen und Meinungen existiert. Pythagoras soll gesagt haben: ‚Geometrie findet sich in dem Klang einer gezupften Saite. Musik findet sich in der Anordnung von Sphären.‘ Vielleicht hat er diese Worte in einem Zustand geschrieben, in dem Musik und Töne in seinem Kopf eine geometrische Wirklichkeit annahmen und er die eigenwilligen Felsformationen der griechischen Inseln sprichwörtlich hören konnte.

Aber es gibt auch einen konkreteren Gedanken, der erwähnt werden sollte: Sowohl die Mathematik, als auch die Musik sind auf äußerst strikten Regeln aufgebaut, Regeln deren Bruch peinlich oder schlimmer sein kann. Paradoxerweise hilft uns dieser Gegenpol in der Schaffung von Schönheit und Perfektion. Wir lernen schneller, wenn unsere Fehler unmittelbar und unmissverständlich aufgezeigt werden. Jenseits dieser Parallelen gibt es ohne Zweifel tiefe Verbindungen zwischen Mathematik und Musik, die in der Wissenschaft noch unzugänglichen Gegenden unseres Gehirns zuhause sind.

Herbert Edelsbrunner ist Professor am Institute of Science and Technology Austria. Der aus der Nähe von Graz stammende Mathematiker gilt weltweit als ein Pionier auf den Gebieten der Computer-Geometrie und der Computer-Topologie. 2018 wurde Edelsbrunner mit dem Wittgensteinpreis, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung Östereichs, geehrt.

Foto: (c) Paul Pölleritzer

Hannah Lutz

(c) PhilippStoisits

„Der Wiener Ball der Wissenschaften verbindet wunderbare Dinge: Wissenschaft und Forschung mit dem Spaß einer Ballnacht. Seit seiner ersten Auflage ist der Ball außerdem eine wichtige Gegenveranstaltung zum Akademikerball und trägt somit viel dazu bei, dass Wissenschaft und Forschung nicht von rechtsextremen politischen Strömungen vereinnahmt werden.

Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Burschenschafter, Rechtsextreme und andere Nationalisten zukünftig nie wieder die Oberhand über die Wissenschaft und in weiterer Folge unsere Gesellschaft gewinnen. Lasst uns einen Abend tanzen, vor allem gegen jene, die in der Hofburg alle Jahre wieder ihren Hass verbreiten!“

Hannah Lutz ist Vorsitzende der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH). Sie studiert Rechtswissenschaft an der Universität Wien und ging bei der Wahl als Spitzenkandidatin des Verband sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) ins Rennen. In den Jahren zuvor war sie bereits Mandatarin der ÖH Uni Wien und hochschulpolitische Sprecherin des VSStÖ.

(c) Philipp Stoisits

Karl-Heinz Wagner

(c) Klaus Ranger

 

„Die Vision Wissenschaft und Forschung mit einem gesellschaftlichen Ereignis wie einem Ball zu verbinden, zeigt sich nun schon erfolgreich in der fünften Auflage des Wissenschaftsballs. Wissenschaft und Forschung haben sich in den letzten Jahren nicht nur methodisch modernisiert: Immer mehr junge Forscherinnen und Forscher leben ihre Passion aus, Neues zu entdecken und Ihr Wissen weiterzugeben – sowohl an den Nachwuchs wie an die Öffentlichkeit. Besonders freut mich, dass heuer Teile meines Forschungsgebiets, nämlich heimische Lebensmittel und deren Qualität, im Mittelpunkt des Balles stehen werden. Ich wünsche viel Spaß und guten Appetit!“

Karl-Heinz Wagner ist Professor für Ernährung und Lebensmittelqualität an der Universität Wien. Er forscht dabei auch zu den Zusammenhängen zwischen Ernährung, Gesundheit und Altern. Am diesjährigen Ball wird er – so viel soll verraten sein – auch interaktiv in das Thema Superfoods einführen.

Foto: (c) Klaus Ranger

Ursula Hemetek

Ursula_Hemetek_c_Doris Piller

„Die Wiener Balltradition gehört zweifelsohne zum Image dieser Stadt. Verschiedenste Communities nützen sie, um sich ihres Zusammengehörigkeitsgefühls zu versichern aber auch um Botschaften zu transportieren. Für die Ethnomusikologie sind sie deshalb interessant, weil hier unterschiedliche musikalische Äußerungen besondere Bedeutungen zugewiesen bekommen. So erklingt beim Ball der BurgenlandkroatInnen andere Musik als beim Ball der GriechInnen oder beim Flüchtlingsball. Musik fungiert gewissermaßen als Emblem. Allerdings gibt es auch gemeinsame Konstanten im Ablauf, wie die Eröffnung, die Mitternachtseinlage, die Quadrille, übernommen aus der Wiener Balltradition. Für den Ball der Wissenschaften steht die Entwicklung einer musikalischen Identität wohl noch an, denn so etwas braucht viele Jahre, aber eine corporate identity der wissenschaftlichen Community wird bereits jetzt transportiert – und das ist gut so.“

Ursula Hemetek ist Leiterin des Instituts für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. 2018  bekam sie den renommierten Wittgenstein Preis für ihre herausragenden Leistungen im Bereich Minderheitenforschung in der Ethnomusikologie verliehen.

Foto: Doris Piller