Menschen nutzen Erbsen schon seit Jahrtausenden, zu Recht, stecken sie doch voller Eiweiß. Genau diese Proteine ermöglichen dank moderner Lebensmitteltechnologie nachhaltigen Fleischgenuss.
Eine Verkostung von Dorian Schiffer
Als Gregor Mendel mit den Erbsenpflanzen seines Brünner Klostergartens die Vererbungslehre begründete, baute die Menschheit die kleinen grünen Kügelchen schon seit Tausenden Jahren an – denn die Erbse ist nicht nur Studienobjekt der Genetik, sondern auch eines der ältesten Grundnahrungsmittel. Ursprünglich aus Vorderasien stammend, begleitet uns die Erbse bereits seit 10.000 Jahren. Und das hat seinen Grund: Die Samen der Erbsenpflanzen sind eine reichhaltige Nährstoffquelle und lassen sich getrocknet gut aufbewahren.
Um ihre Samen mit für Menschen wichtigen Proteinen vollzupacken, setzen die Erbsenpflanzen auf Teamwork. Die Gewächse gehen eine Partnerschaft mit Bakterien in den Verdickungen ihrer Wurzeln ein. Diese Mikroben ziehen für die Pflanze Stickstoff aus der Luft, den wichtigsten chemischen Baustein der wertvollen Eiweiße. So können Erbsen in der Regel ohne zusätzlichen Stickstoffdünger gedeihen – der Anbau ist damit besonders schonend für den Boden.
Was wir heute als Erbsen kennen, also die grünen, weichen Samen, kam erst in der Neuzeit in Mode: Davor wurden die reifen, trockenen Erbsensamen verwendet und vor allem als Suppe oder Mus verzehrt. Die unreifen grünen Samen oder Zuckererbsen, die mit der Schote gegessen werden, konnten sich erst mithilfe moderner Konservierungsmethoden gegen Trockenerbsen durchsetzen. Dabei wären vor allem die reifen Erbsensamen wahre Nährstoffbomben, reich an Ballaststoffen, Kohlenhydraten und Mineralstoffen. Doch es würde sich wohl kein Feinschmecker die Hände reiben, setzte man ihm einen Teller Erbsenbrei vor. Mehr Freude würde man den Gourmets unter uns wohl eher mit einem knusprigen Schnitzel machen, oder, wer’s asiatisch mag, einem köstlichen Bami Goreng oder indischem Butter Chicken. So gut diese Gerichte aber auch schmecken mögen, sie kommen nicht ohne Fleisch aus, was nicht nur für den Tierschutz ein Problem darstellt
Für Fleisch müssen Tiere sterben. Bereits diese Tatsache kann Anlass genug sein, auf Fleischprodukte zu verzichten. Doch darüber hinaus ist Fleisch keine besonders effiziente Eiweißquelle: Um etwa Rindfleisch zu erzeugen, müssen Kühe jahrelang auf riesigen Weideflächen gehalten und mit energiereichem Kraftfutter versorgt werden, etwa aus Soja, für das weiteren Anbauflächen benötigt werden. Dieser Flächenfraß wird nur noch durch den Was-serverbrauch übertrumpft, der die Futterpflanzen wachsen lässt und die Rinder tränkt. Werden für die Äcker und Weiden noch Wälder gerodet, fällt die Klimabilanz schlechter aus.
Die gleiche Menge Eiweiß aus pflanzlichen Quellen erfordert nur einen Bruchteil dieser Ressourcen. Für die Umwelt ist also eine überwiegend pflanzliche Ernährung zu bevorzugen. Doch was, wenn man nicht auf den Geschmack von Fleisch verzichten kann? In diesem Fall kommt wieder unsere alte Begleiterin ins Spiel: die Erbse, oder genauer: ihr Protein. Aus diesem Stoff lässt sich verblüffend echt wirkendes – und schmeckendes – Ersatzfleisch herstellen. Dazu braucht es allerdings modernste Lebensmitteltechnologie.
Das Unternehmen Planted etwa verwendet für seine Produkte eine Mischung aus Erbsenmehl, Mehl aus Sonnenblumenkernen und Hafermehl. Für die Verwandlung dieses Pulvers in Fleischersatz benötigt es ein spezielles Gerät, den Extruder: Unter ständigem Kne-ten wird das Eiweißmehl mit Rapsöl und Wasser vermischt und Schritt für Schritt erhitzt. So entsteht eine langfaserige Proteinmasse, die dann geschnitten und mit Ölen, Gewürzen und Kräutern mariniert – oder im Falle der pflanzlichen Schnitzel paniert – wird.
Das so erzeugte fleischlose Fleisch setzt laut Planted gut drei Viertel weniger CO2 als Hühnerfleisch frei. Der Fleischersatz ist also umweltfreundlich und er lässt sich genau wie tierisches Fleisch zubereiten: Mit dem pflanzlichen Hühnerfleisch von Planted kann man gemeinsam mit Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Kokosmilch und indischen Gewürzen ein cremiges Butter Chicken zaubern. Das faserige Pulled „Pork“ des Unternehmens ergibt zwischen zwei Toastscheiben mit ein bisschen Rucola und Hummus ein hervorragendes Sandwich für Zwischendurch. Wie die Produktpalette von Planted nun genau schmeckt, können die Gäste des Wissenschaftsballs beim Verkostungsstand herausfinden. Guten Appetit, der Erbse sei’s gedankt!
Dorian Schiffer studiert Physik an der Uni Wien und schreibt über Wissenschaft, etwa in Der Standard und im Magazin alexandria.