von Anna Goldenberg
Sieben Meter groß war die Erbse, die im Frühjahr 2022 in Wien gesichtet wurde. Gregor Mendel hätte sich wohl den Kopf darüber zerbrochen, wie diese Züchtung gelingen konnte. Die aufblasbare Erbse war aus seiner Heimatstadt Brünn angereist und machte im Rahmen des Jubiläumsjahres an der Universität für Bodenkultur (BOKU) und der Universität in Wien Station. Auch dem Wissenschaftsball stattet sie einen Besuch ab.
Anlässlich Mendels 200. Geburtstags im Jahr 2022 widmete sich ein zweijähriges Projekt dem grenzüberschreitenden Vermächtnis des Abts. Mitfinanziert wurde es vom EU-Programm Interreg Österreich-Tschechische Republik. Zu Mendels Lebzeiten war schließlich die Hälfte der Brünner Bevölkerung deutschsprachig. In Brünn sind das Augustinerkloster und die Masaryk-Universität, im 130 Kilometer entfernten Wien die BOKU sowie die Universität Wien die Hauptpartner. Teil des Projekts waren mehrere Konferenzen, unter anderem die Mendel-Genetik-Konferenz in Brünn im Juli und das Mendel-Symposium des Konrad-Lorenz-Instituts in Klosterneuburg im Oktober. In Wien lag der Fokus auf Wissenschaftsvermittlung.
In Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum konzipierten die Forschenden Schulworkshops. „Die Schule ist oft weit weg von der Forschung“, sagt Barbara Fischer, die das Projekt für die Universität Wien koordinierte. „Was die Kinder über Vererbung lernen, hört dann bei Mendel auf.“ Zum Beispiel: Wie entsteht die Gefiederfärbung bei Wellensittichen und Flamingos? Bei Ersteren ist die Farbe des Gefieders genetisch, bei Zweiteren durch die Ernährung bestimmt, das heißt, Gene und Umwelteinflüsse wirken oft zusammen.
Mendels Gewächshaus im Klostergarten wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Sturm zerstört. Als Teil des Projekts wurde in Brünn ein neues Glashaus errichtet und im November 2022 eröffnet. Hier werden allerdings keine Erbsen mehr gezüchtet – sondern neue Ideen. Es ist nun Teil des Mendel-Museums, das sich im Kloster befindet. Vorträge und Workshops sollen hier stattfinden. Dem leidenschaftlichen Lehrer Mendel hätte das gefallen.
Anna Goldenberg ist Journalistin und Autorin in Wien. Regelmäßig schreibt sie über Wissen-schaft für den „Falter“ und kommentiert Politik und Gesellschaft in der „Presse“ („Quergeschrieben“-Kolumne). 2018 erschien ihr Buch über ihre Familiengeschichte „Versteckte Jahre. Der Mann, der meinen Großvater rettete“ im Paul Zsolnay Verlag, 2020 die englische Übersetzung bei New Vessel Press New York.