Entdeckung zum Jubeljahr

Maestro Vinzenz Praxmarer mit Solistin
Anne Wieben beim Ball 2020 / Foto: R. Ferrigato

Johann Strauss Sohn ist ein Klassiker der Popmusik und darf dementsprechend bei keinem Wiener Ball fehlen. Erst recht nicht im Jubiläumsjahr zu seinem 200. Geburtstag. Doch das Ballorchester Divertimento Viennese unter der Leitung von Vinzenz Praxmarer bietet neben den Greatest Hits wie dem Donauwalzer eine besondere Überraschung als Ballouvertüre: Die „Straussiana“ von Erich Wolfgang Korngold aus 1953, ein Potpourri von eher unbekannten Melodien des Walzerkönigs, die der Komponist meisterhaft zu einer Hommage verdichtet hat.

Korngold galt in den 1910er-Jahren als das kompositorische Wunderkind Europas. Durch die Flucht vor den Nazis nach Amerika veränderte sich sein künstlerischer Weg drastisch. Als Begründer der symphonischen Filmmusik Hollywoods schuf er die Untermalungen für 16 Leinwandwerke, unter anderem Max Reinhardts Interpretation des „Sommernachtstraums“ und „ Robin Hood“ mit Clark Gable.

Auch wenn der Walzer heute das Synonym für Ballmusik ist, galt er im 19. Jahrhundert trotz aller Popularität als anrüchig, wie die Historikerin Waltraud Schütz am ÖAW-Institut für die Erforschung des Habsburgerreiches und des Balkanraumes erforscht hat: „Vor allem in hochadeligen Kreisen waren die Grenzen der Schamhaftigkeit viel wichtiger als in anderen Kreisen. Dass eine junge Frau Walzer mit einem Mann tanzte, den sie nicht kannte, war deshalb eher unwahrscheinlich. Beliebt war stattdessen die Quadrille, bei der man zwar auch Körperkontakt hatte, aber wesentlich kontrollierter. Trotzdem hatten junge adelige Frauen auf Bällen durchaus Spaß, wie Gräfin Julie Hoyos 1836 an ihre Schwester Caroline schrieb: ‚Gestern war ich zu guter Letzt den ganzen Tag auf dem Ball, der sehr schön war, ich unterhielt mich auch sehr gut. Wir tanzten aber oh! scandalum bis 2 Uhr früh!‘“

Beim Wissenschaftsball spielt das Ballorchester Divertimento Viennese verlässlich bis vier Uhr früh. Und zuvor nach der Mitternachtseinlage natürlich die Quadrille.