Der Walfisch taucht am Karlsplatz auf
Das neugestaltete Wien Museum ermöglicht – gratis – eine faszinierende Zeitreise durch die Geschichte der Stadt. Praterwal Poldi nimmt dabei eine besonders wichtige Rolle ein, verbindet die Skulptur doch Volkskultur und Wissenschaft.
Ein Rundgang von Chiara Joos
In den schier endlosen Weiten unserer Ozeane tummeln sich etwa 90 Walarten, aufgeteilt in Zahnwale, wie Delfine und Schwertwale, sowie Bartenwale wie den Blauwal und den Buckelwal. Jede Art birgt ihre eigenen einzigartigen Merkmale, Verhaltensweisen und Walgesänge. Von den kalten Arktisgewässern bis zu den warmen Tropenmeeren sind sie weltweit verbreitet, stehen für Artenschutz und die Veränderungen unserer Lebensräume durch den Klimawandel. Und dann haben wir da noch Poldi, den Praterwal.
Mehr als 60 Jahre lang hatte Poldi majestätisch das Dach des beliebten Wiener Gasthauses „Zum Walfisch“ geschmückt und seine Wasserfontänen in den Himmel geschossen. Wiederaufgebaut nach dem Zweiten Weltkrieg, reichen die Ursprünge des traditionsreichen Ortes zurück bis ins späte 18. Jahrhundert, als die Gemütlichkeit der Wirtshauskultur mit der Seele der Stadt verschmolz. Doch 2013 war plötzlich Schluss. Das bekannte Wahrzeichen aus dem Prater wurde dem Erdboden gleichgemacht und Poldi ins südliche Niederösterreich verfrachtet. Geplant war, den voluminösen Walfisch – 10 Meter lang, aus Holz und Kupferblech gefertigt, mit einem Gewicht von mehr als zwei Tonnen – zu entsorgen. Doch Bauunternehmer Güner Ayaz trat auf den Plan und wurde zum Retter des Praterriesen mit den blauen Augen. Nach einem Telefonat mit dem Wiener Kulturstadtrat ging die Skulptur als Schenkung ans Wien Museum– gerettet vor dem Vergessen und weiteren Verfall.
Im Herzen der Stadt strahlt das neue Wien Museum in neuem Glanz, eingebettet in die Kulisse zwischen Karlsplatz und Karlskirche – die museumseigene Terrasse lässt darauf blicken. Nach „acht intensiven Planungs- und drei aufregenden Umsetzungsjahren“, so das Direktionsduo Matti Bunzl und Christina Schwarz, wurde Oswald Haerdtls der damaligen Zeit entsprechend karger 50-Jahre Nachkriegsbau am 6. Dezember 2023 für BesucherInnen wieder geöffnet. Runderneuert nach dem Ausbau durch das Architekturteam Ferdinand Certov, Roland Winkler und Klaudia Ruck, gilt das Bauwerk aus kroatischem Kalkstein mit Muscheleinschlüssen und Wachauer Marmor als ein Ort, der die Vergangenheit bewahrt und in die Zukunft führt.
Nach einem Umbau-Marathon von vier Jahren präsentiert sich das Wien Museum frisch herausgeputzt und in einem komplett neuen Gewand. Mit einem Budget von über 108 Millionen Euro wurde die Runderneuerung und Umstrukturierung des Wien Museums ermöglicht. Bei der Eröffnung des Gebäudes definierte Bürgermeister Michael Ludwig das neue Museum als „einen Ort der Zusammenkunft, ein Ort der Teilhabe, ein Ort des Wissensaustauschs.“ Der Eintritt in die Reise durch die Zeit ist frei, eine Geste des Museums, das sich nicht nur als Bewahrer, sondern auch als Teil der Gemeinschaft versteht. Die wechselnden Sonderausstellungen können mit einem herkömmliche Eintrittsticket besucht werden.
Schwimmen wir zum Wal und seinem Ursprung zurück. In der Identität Wiens ist der Wurstelprater wie kein anderer Ort verankert – und Schauplatz der nächsten Eröffnung: Die über 250-jährige Geschichte und lebendige Gegenwart des Vergnügungsparks finden demnächst im Pratermuseum beim Wiener Riesenrad ihre Heimat. Das Foyer eröffnet die faszinierende Prater-Historie mit einem Panoramabild. Die darüberliegenden Etagen präsentieren historische Schätze wie Ringelspiel- und Kasperlfiguren. Das Foyer lädt zu Veranstaltungen ein, während das beeindruckende Panoramabild die Besucher visuell durch die Prater-Geschichte führt. Am 15. März 2024 öffnet das Pratermuseum offiziell, um die Geschichte dieses emblematischen Vergnügungsparks mit einem interessierten Publikum zu teilen.
Den vollständigen Text lesen Sie im Ballmagazin 2024, das am Ballabend erscheint.