„Etwas Glamour und Feiern ohne Bedingungen und Konferenzvorträge ist genau das, was die Wissenschaft heute braucht. Als WissenschaftlerIn verbringt man viel Zeit damit, sich mit KollegInnen zu messen, möglichst viele Publikationen zu produzieren, bürokratische Unterlagen auszufüllen, sich für angesehene Förderungen zu bewerben, in Institutspolitik zu versinken, sich über die weltweite neoliberale Neustrukturierung von Universitäten zu beklagen und sich in den eigenen Büros zu verkriechen. Der Wiener Wissenschaftsball erlaubt es uns, diesen Alltag kollektiv hinter uns zu lassen und von einer zurückgewonnenen Souveränität aus darauf hinabzuschauen. Und die leidenschaftlichen Debatten und das Zusammenkommen mit unseren KollegInnen und Studierenden erinnern uns daran, warum wir eigentlich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen geworden sind. Der Ball als glamouröses Ritual verlangt von uns, Großzügigkeit, Höflichkeit und Respekt voreinander zu zeigen. Damit erneuert er unseren Glauben daran, dass jeder von uns auf seine Art zum Fortschritt des menschlichen Wissens beiträgt. Dieser Ball ist nicht nur ein kulturelles Vergnügen, sondern stärkt auch unser Zusammengehörigkeitsgefühl und ermöglicht uns damit, gemeinsam und größer zu denken, und daher auch zu entscheiden, welche Kämpfe es sich wirklich einzugehen lohnt.“
Tereza Kuldova ist derzeit Gastwissenschaftlerin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien. Ansonsten forscht sie an der Universität Oslo, Institut für Archäologie, Konservierung und Geschichte und ist auch als Modekuratorin tätig.
Photo: Sabine Hauswirth