Wie bringt man Quantenverschränkung zum Klingen? Junge Physiker:innen und Künstler:innen aus Wien haben genau das versucht. Sie nennen ihr Projekt „Sounds of Entanglement“. Eine Show, bei der verschränkte Photonen die Rolle des Dirigenten übernehmen.
Ein Bericht von Sebastian Lang
Physik galt lange als Hort der Berechenbarkeit. Alles schön in Formeln gegossen, ein Uhrwerk, das man nur lange genug studieren muss, um die Welt komplett zu verstehen. Doch dann kam die Quantenphysik und mit ihr der Zufall. Plötzlich war nichts mehr sicher. Man kann die Position eines Teilchens kennen oder seine Geschwindigkeit – aber niemals beides gleichzeitig. Heisenbergs Unschärferelation sei Dank. Einstein hasste das, nannte es „spukhafte Fernwirkung“.
Schrödingers Katze und das Chaos
Das mit der Verschränkung geht ungefähr so: Zwei Teilchen werden miteinander gekoppelt. Was immer man an Teilchen A misst, beeinflusst Teilchen B – selbst dann, wenn sie Lichtjahre voneinander entfernt sind. Trotzdem: Ohne diese Irrungen und Wirrungen wäre die Quantenphysik nichts weiter als ein Schrödingersches Theoriekätzchen, das keiner ernst nehmen würde.
Wenn Klang auf Physik trifft
Die Physiker Philipp Haslinger, Benjamin Orthner, Johannes Kofler, Martin Ringbauer, Richard Küng und Alexander Ploier beantworten gemeinsam mit Instrumentalist:innen unter der musikalischen Leitung von Clemens Wenger, die Frage: Wie kann man die Verschränkung nutzen, um dann mittels Musik diese Verschränkung wieder hörbar zu machen? Heraus kam „Sounds of Entanglement“, ein Projekt das zum Forschungsprogramm quantA gehört. Auf einer hochsensiblen Bühne, einem sogenannten optischen Tisch, verschicken sie verschränkte Photonen zu zwei Messgeräten, die „Alice“ und „Bob“ heißen. Die Messdaten fliegen dann zu Musikern, die ihre Instrumente danach ausrichten. Kein Mensch gibt den Takt vor, sondern die Physik. Dazu gibt es Visuals von der Künstlerin Enar de Dios Rodriguez, ebenfalls gesteuert von den Photonen. Fertig ist die Science-Fiction-Sinfonie. (So klingt Quantenmusik)
Warum ausgerechnet Österreich?
Dass so ein Projekt aus Wien kommt, ist kein Zufall. Schon die Nobelpreisträger Erwin Schrödinger und Anton Zeilinger haben hier Quantenphysikgeschichte geschrieben. Österreich ist seit über hundert Jahren Avantgarde auf diesem Gebiet, auch dank eines besonders philosophischen Zugangs. An der Uni Wien musste man früher als Physikstudent auch Philosophie büffeln. Das hilft, wenn man sich mit Dingen wie Wellenfunktionen und Nicht-Lokalität herumschlagen muss.
quantA – Österreichs Netzwerk
quantA ist der österreichische Exzellenzcluster – ein Zusammenschluss der wichtigsten Quantenphysiker:innen Österreichs. Beteiligt sind Physiker:innen der Universität Innsbruck, der Johannes-Kepler-Universität Linz, des Institute of Science and Technology Austria, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Technischen Universität Wien und der Universität Wien. Der maßgeblich vom FWF geförderte Cluster versteht sich als Programm zur Forschung, Ausbildung und Nachwuchsförderung.
Aus der eng vernetzten Quanten-Community setzt sich ein Team von Wissenschaftler:innen zusammen, das bereit ist, sich größeren und anspruchsvolleren Fragen zu stellen, als mit regulären Programmen und Fördermitteln beantwortet werden könnten. quantA entwickelt Quantensimulatoren, um ehrgeizige Fragen wie die der Universalität in der Nicht-Gleichgewichtsphysik und emergente Vielkörperphänomene zu beantworten.
Im Gegensatz zu anderen Zentren und Initiativen auf der ganzen Welt verfolgt quantA ein besonders ehrgeiziges Forschungsprogramm, das über den üblichen Bereich der Quantenphysik hinausgeht, und somit eine Fülle an Theorien und Experimenten vereint. Zusätzlich wird ein engagiertes Outreach- und Transferprogramm zum Nutzen von Gesellschaft und Wirtschaft betrieben, zu dem auch das Projekt „Sounds of Entanglement” gehört. http://www.quantumscience.at/